Dynamische Stromtarife im C&I-Segment: Praxisbeispiele und Potenziale
Kurz & knapp: Was ist ein Dynamischer Stromtarif?
Der Preis für Strom an der Strombörse variiert im Tagesverlauf stark. Während die Festpreis-Tarife Verbraucher von diesen Schwankungen entkoppeln, geben dynamische Tarife diese Preisschwankungen an die Stromkunden weiter. Dadurch kann ein erhebliches finanzielles Einsparpotenzial entstehen.
Kurz & knapp 2: Wie unterstützt minimum.energy bei der Umsetzung dynamischer Stromtarife in Unternehmen?
minimum.energy macht dynamische Tarife operativ nutzbar: Wir importieren 15-Min-Lastgänge, ziehen die echten Netzentgelte inkl. HLZF sowie die Day-Ahead Spotmarkt Daten der vergangenen Jahre und optimieren PV, Speicher und flexible Verbraucher in einem Schritt. Das Ergebnis sind belastbare Variantenvergleiche (Beschaffung, Peak Shaving, atypische Netznutzung, Arbitrage) mit klaren Fahrplänen und Grenzwerten für Ihr EMS – plus PPTX Export im eigenen Corporate Design ür die Entscheider.
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Beispiele und Marktpotenziale dynamischer Stromtarife im C&I-Segment
Dynamische Stromtarife – also Strompreise, die sich kurzfristig an den Börsenpreisen orientieren viertelstündlich variieren – eröffnen insbesondere im Commercial & Industrial (C&I)-Segment beträchtliche Einspar- und Flexibilitätspotenziale.
Seit dem 1. Januar 2025 müssen alle Stromversorger (also auch Stadtwerke und kleinere Anbieter) unabhängig von der Kundenzahl Kunden mit intelligentem Messsystem mindestens einen dynamischen Tarif anbieten.
Wirtschaftliche Hebel: Einkauf, Eigenverbrauch und Arbitrage
Beim Strommarkt können zwei Dinge optimiert werden: der Einkauf und der Verkauf von Strom. Der Einkauf hat dabei den größten wirtschaftlichen Hebel: Einerseits kann durch den Einsatz von Batteriespeichern der Eigenverbrauch einer PV-Anlage optimiert werden – so wird insgesamt weniger Strom aus dem Netz bezogen. Andererseits ermöglicht ein dynamischer Tarif, Strom gezielt dann aus dem Netz zu beziehen, wenn die Preise niedrig sind, und diesen im Speicher zwischenzulagern.
Ein kleinerer, aber dennoch relevanter Hebel ist die Arbitrage: der gezielte Verkauf von Grün- und/oder Graustrom zu vorteilhaften Zeitpunkten. Beide Strategien – optimierter Einkauf und Stromvermarktung – lassen sich mit den Tools von minimum.energy präzise abbilden, simulieren und wirtschaftlich bewerten.
Wer kann davon am meisten profitieren?
Die primären Profiteure von dynamischen Tarifen sind stromintensive Industrieunternehmen (etwa aus Chemie, Metallurgie, Papier, Glas) sowie größere Gewerbe- und Dienstleistungsbetriebe (z.B. Rechenzentren, Handelsketten mit Kühlbedarf). In diesen Bereichen macht der Strombezug einen signifikanten Kostenfaktor aus, sodass starke Anreize bestehen, den Verbrauch zeitlich an günstigere Preise zu verlagern.
Schon heute werden in Deutschland rund 1,2 GW industrieller Last als flexible abschaltbare Lasten vorgehalten, vor allem in Aluminiumhütten, Papier- und Chemieanlagen. Studien im Auftrag der Übertragungsnetzbetreiber prognostizieren, dass das kurzfristig abrufbare Lastmanagementpotenzial im Zuge der Energiewende bis 2045 auf über 13 GW ansteigen könnte (Quelle ffe.de).
Interessanterweise wachsen dabei auch die Flexibilitätsbeiträge aus dem Gewerbe- und Dienstleistungssektor (z. B. durch Rechenzentren); ab etwa 2035 könnten diese die Potenziale der klassischen Grundstoff-Industrie sogar überholen (Quelle: ffe.de). Dies verdeutlicht, dass dynamische Tarife langfristig nicht nur für Großindustrien, sondern für ein breites Spektrum an C&I-Verbrauchern relevant sind.
Beispiele und Einsparpotenziale
Das Einsparpotenzial durch Lastverschiebung mit dynamischen Tarifen ist erheblich. Energiemanagement-Pilotprojekte zeigen zweistellige Kostenreduzierungen, ohne die Produktion zu beeinträchtigen. So wurde im Rahmen des SynErgie-Forschungsprojekts bei der Papierfirma UPM eine flexibel gesteuerte Faserstoff-Aufbereitung erprobt: Durch Zwischenspeicherung des Halbprodukts kann die energieintensive Mahlung gezielt in günstige Preisstunden verlegt werden. Nach Implementierung der Maßnahmen an einem Werksstandort ergab sich eine Senkung der Stromkosten um über 14 % (Quelle: region-a3.com).
Auch andere Branchen nutzen bereits dynamische Beschaffungsmodelle. Große Unternehmen vereinbaren z.B. Spotpreis-Kopplungen, um fallende Preise sofort weitergereicht zu bekommen – dies erfordert jedoch die Fähigkeit, kurzfristig auf Preissignale zu reagieren. Anbieter werben damit, dass durch automatisierte Lastverschiebung und Optimierung des Eigenverbrauchs (etwa bei vorhandener PV-Anlage) insgesamt bis zu 30 % Energiekosten eingespart werden können. Solche Werte sind zwar nur mit sehr flexiblen Prozessen oder zusätzlichen Speichern erreichbar, doch selbst konservative Analysen sehen durchschnittliche Einsparungen im Bereich 10–20 % für viele Unternehmen als realistisch an.
Ein Beispiel sind Kälteanlagen im Handel: Hier könnte durch “Power-to-Cold”-Konzepte – also verstärktes Kühlen zu Zeiten mit Überschussstrom – ein großer Teil der teuren Last in günstigere Stunden verlagert werden (Quelle: kka-online.info). Insgesamt treiben mehrere Markttrends das Interesse an dynamischen Tarifen:
steigende Stromnachfrage durch Elektrifizierung (u. a. E-Mobilität, Wärmepumpen, Elektrolyse),
volatile Preise infolge des hohen Wind- und Solarstromanteils,
sowie der Kostendruck durch die zuletzt enorm gestiegenen Strompreise.
Viele Unternehmen suchen nach Wegen, ihre Stromrechnungen zu optimieren und gleichzeitig einen Beitrag zur Netzstabilisierung und Klimaschutz zu leisten. Flexibilität wird zur wertvollen Ressource im Energiesystem der Zukunft – das C&I-Segment spielt hier eine Schlüsselrolle, da es einen großen Anteil des Stromverbrauchs stellt und über überproportional viel verschiebbare Last verfügt.
Negative Börsenstrompreise graphisch erklärt
Beispielhafter Tagesverlauf der Börsenstrompreise: Die Grafik vergleicht einen Tag mit hohem Preisniveau (grün) mit einem sommerlichen Tag (schwarz), an dem mittags großes Ökostrom-Angebot zu negativen Preisen führte. Solche Preisschwankungen bilden die Grundlage dynamischer Tarife. Quelle: memodo.de.
Für C&I-Kunden besonders attraktiv ist, dass dynamische Tarife direkt an diese Großhandelspreise anknüpfen und somit die Volatilität zu ihrem Vorteil nutzbar machen. Wenn z.B. mittags aufgrund starker Solarstrom-Einspeisung die Börsenpreise einbrechen, kann ein Industriebetrieb mit flexiblem Tarif seine Produktion hochfahren und immens günstigen Strom beziehen – umgekehrt wird bei Extrempreisen in Verbrauchsspitzen gedrosselt.
Allerdings sind dynamische Tarife bislang noch nicht flächendeckend verbreitet. Laut Auswertungen des Ökostromanbieters Rabot Energy machten solche Tarife Ende 2024 erst ca. 7 % der Haushaltsverträge aus (Quelle: rabot.energy); im C&I-Bereich dürfte der Anteil ebenfalls noch gering sein, da hier oft langfristige Beschaffungsverträge (PPA) dominieren.
Doch der Markt befindet sich im Wandel: Seit Anfang 2025 steigt durch neue gesetzliche Vorgaben (siehe unten) das Angebot an dynamischen Tarifen sprunghaft, und immer mehr Verbraucher werden sich der möglichen Vorteile bewusst.
Einer Umfrage zufolge zeigen sich 58 % der Kunden an dynamischen Tarifen interessiert (Quelle: flyx.energy) – ein Zeichen dafür, dass mit zunehmender Information und passenden Produkten die Akzeptanz wächst. Zusammenfassend lässt sich festhalten: Das Marktpotenzial dynamischer Tarife im deutschen C&I-Segment ist erheblich.
Sektorübergreifend könnten zweistellige Gigawatt an Verbrauchsleistung flexibilisiert werden, was sowohl den Unternehmen erhebliche Kostenvorteile bringen kann als auch gesamtwirtschaftlich großen Nutzen stiftet z. B. durch vermiedene Investitionen in Spitzenlast-Kraftwerke (Quelle: windindustrie-in-deutschland.de). Die kommenden Jahre dürften geprägt sein von Pilotprojekten und einer breiteren Einführung solcher Tarife, getrieben durch digitale Messtechnik, erneuerbare Energien und den Bedarf, Stromangebot und -nachfrage intelligent in Einklang zu bringen.
Regulatorische Rahmenbedingungen in Deutschland
Die Einführung dynamischer Stromtarife im C&I-Segment wird maßgeblich durch den regulatorischen Rahmen beeinflusst. In Deutschland gab es lange Zeit rechtliche Hürden und fehlende Anreize, doch seit kurzem zeichnet sich ein grundlegender Wandel ab. Zwei zentrale Stellschrauben sind hier relevant:
das Strommarktdesign bzw. Energiewirtschaftsrecht, das Vorgaben für Lieferanten und Kunden setzt, und
die Ausgestaltung der Netzentgelte und sonstigen Preisbestandteile, die den ökonomischen Anreiz für Lastverschiebungen stark mitbestimmen.
Gesetzliche Vorgaben: Mit dem Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende (2023) hat der Gesetzgeber eine wichtige Weiche gestellt, um dynamische Tarife zu fördern. Konkret wurde §41 EnWG novelliert: Seit dem 1. Januar 2025 sind alle Stromlieferanten verpflichtet, mindestens einen dynamischen Stromtarif anzubieten, sofern der Kunde über ein intelligentes Messsystem verfügt (wolter-hoppenberg.de).
Zuvor galt eine solche Pflicht nur für große Versorger (>100.000 Kunden); diese Schwelle wurde nun gestrichen, um jedem Endverbraucher mit Smart Meter den Zugang zu variablen Preisen zu ermöglichen. Damit folgt Deutschland der EU-Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie, welche das Recht auf dynamische Tarife festschreibt. Parallel dazu wird der Smart-Meter-Rollout stark forciert: Haushalte mit über 6.000 kWh Jahresverbrauch müssen bis 2025 ein intelligentes Messsystem installieren lassen – was viele Gewerbebetriebe einschließt – und die Ausstattung aller Verbraucher bis 2032 ist das Ziel.
Ohne Smart Meter sind zeitvariable Tarife eichrechtskonform nicht umsetzbar, da für die abrechnungssichere Erfassung zeitabhängiger Verbräuche ein vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zertifiziertes Messsystem erforderlich ist. Die Eichrechts-Vorgaben sind in Deutschland sehr strikt: Messgeräte müssen jede viertelstündliche kWh präzise und unveränderbar dokumentieren, damit Kunden und Versorger vertrauensvoll nach den dynamischen Preisen abrechnen können.
Bis vor kurzem waren viele kleinere Letztverbraucher von der Smart-Meter-Pflicht ausgenommen, was die Verbreitung dynamischer Tarife bremste. Nun jedoch schafft die Kombination aus Rollout-Zeitplan und Anbieterpflicht die notwendigen Voraussetzungen, um dynamische Tarife im Massenmarkt – und damit auch im C&I-Segment – zu verankern.
Netzentgelte und Anreizmechanismen: Ein kritischer Punkt ist die bisherige Struktur der Netzentgelte und Umlagen, die oft flexibles Verhalten wenig belohnt oder sogar bestraft hat. Die Netzentgelte machten 2023 im Schnitt rund ein Viertel des Strompreises aus und waren für Industriekunden bislang durch starre Regelungen geprägt.
Geplant ist der Übergang von einem starren zu einem flexiblen System, das systemdienliches Verbrauchsverhalten incentiviert. Praktisch bedeutet das: Ein Unternehmen soll sein Netzentgelt-Privileg dann verdienen, wenn es z. B. bei sehr niedrigen Börsenpreisen signifikant über seinen Durchschnittskonsum geht und umgekehrt bei extrem hohen Preisen deutlich darunter bleibt. Damit würden sich die Preis- und Netzanreize in die gleiche Richtung bewegen. Die bisherigen Modelle (etwa die genannten atypischen Lastprofile oder Bandlastprivilegien) sollen mit Übergangsfristen auslaufen.
Diese Neuausrichtung ist ein Paradigmenwechsel: Flexibilität wird explizit vergütet statt implizit begrenzt.
Schon seit April 2025 greift eine weitere Neuerung: die Einführung zeitvariabler Netzentgelte im Verteilnetzbereich. Gemäß Festlegung der BNetzA müssen alle Verteilnetzbetreiber ab diesem Datum ein dynamisches Netzentgelt-Modell (Modul 3) anbieten. Dabei werden pro Netzgebiet mehrere Zeitfenster mit unterschiedlich hohen Entgelten definiert (z. B. Hoch-, Normal- und Niedertarif) – je nach lokaler Netzauslastung.
In Zeiten schwacher Auslastung zahlen Verbraucher dann ein deutlich reduziertes Netzentgelt, zu Spitzenlastzeiten ein höheres. Dieses Instrument soll Anreize schaffen, freiwilligen Verbrauch aus den Stoßzeiten herauszunehmen. Wichtig ist, dass dieses variable Netzentgelt sozialverträglich gestaltet wird: Niemand wird gezwungen zu reagieren, und Kunden ohne Flexibilität werden nicht benachteiligt.
Vielmehr “belohnt” das System diejenigen, die Verschiebungen ermöglichen, ohne anderen etwas wegzunehmen. In der Praxis dürften insbesondere steuerbare Verbrauchseinrichtungen – also z. B. Ladepunkte für E-Fahrzeuge oder elektrische Wärmepumpen – von den zeitvariablen Netztarifen profitieren.
Schon seit Januar 2024 gilt hier §14a EnWG mit neuen Regeln: Netzbetreiber dürfen solche Geräte bei drohender Überlast temporär drosseln, dafür erhalten die angeschlossenen Kunden im Gegenzug vergünstigte Netzentgelte (sogenannte Spitzenglättung). Das Modul 3 der BNetzA knüpft daran an und erweitert die Logik auf freiwilliger Basis für alle Verbraucher ab 2025.
Fazit
Dynamische Stromtarife sind ein zentraler Baustein der zukünftigen Energiewirtschaft. Sie schaffen Anreize, Stromverbrauch und -erzeugung flexibel an Markt- und Netzbedingungen anzupassen – mit erheblichen wirtschaftlichen Vorteilen für Unternehmen. Durch den steigenden Anteil erneuerbarer Energien, den Smart-Meter-Rollout und neue regulatorische Vorgaben entsteht gerade ein Markt, der Flexibilität erstmals systematisch belohnt.
Für C&I-Unternehmen bedeutet das: Wer frühzeitig in Transparenz, Daten und Steuerbarkeit investiert, kann nicht nur Energiekosten deutlich senken, sondern auch aktiv zur Netzstabilität beitragen. Tools wie minimum energy ermöglichen es, diese Potenziale operativ zu heben – vom optimierten Einkauf über PV-Integration bis hin zur Arbitrage.
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Während die Festpreis-Tarife Verbraucher von diesen Schwankungen entkoppeln, geben dynamische Tarife diese Preisschwankungen an die Stromkunden weiter.